Marc Henrichmann MdB

Reichsbürger-Terrornetz zerschlagen

BerlInfos: Mein Newsletter aus Berlin

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Parteifreunde, 

Reichsbürger stürmen den Bundestag, wollen die Regierung stürzen und unsere verfassungsmäßige Ordnung beseitigen. Dieses Szenario hört sich an wie aus einem schlechten Film, doch der Hintergrund ist bedrohlich real. 3.000 Polizistinnen und Polizisten, darunter 1.500 Spezialkräfte, haben in mehreren Razzien ein Terrornetzwerk zerschlagen. Die Union hat dazu eine Sondersitzung des Innenausschusses beantragt. Die Ampel zeigte sich an Aufklärung desinteressiert – erst die Bundestagspräsidentin setzte die Sitzung gegen den Willen der Regierungsfraktionen auf die Tagesordnung.

Dabei hat es sich gelohnt: Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang, Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes, und Vertreter des Generalbundesanwalts haben ausführlich über die Ermittlungen informiert. Die Rede war von etwa 90 Beteiligten, von denen 54 als Beschuldigte gelten und sich 25 in Haft befinden. Dabei dürfte es nicht bleiben: Die Verschwörer-Gruppe ließ sich rund 130 Verschwiegenheits-Erklärungen unterschreiben, die Zahl der Mitwisser ist voraussichtlich noch deutlich höher.

Reichsbürger sind keine harmlosen Spinner! Unsere Demokratie ist wehrhaft

Um es klar zu sagen: Es handelt sich nicht um harmlose Spinner, sondern um ein Terrornetzwerk mit einer kruden Ideologie. Sie speist sich aus der vordemokratischen Gedankenwelt des Reichsbürgermilieus und Rechtsextremer sowie aus QAnon-Verschwörungserzählungen. Verhaftet wurden Unternehmer, Ärzte, Anwälte, auch frühere, suspendierte Polizeibeamte oder unehrenhaft entlassene Bundeswehrangehörige. Menschen, die wir in der Mitte der Gesellschaft verortet hätten. Unsere Demokratie war wachsam, sie hat sich als wehrhaft erwiesen. Die Ermittlungsbehörden und Einsatzkräfte haben einen hervorragenden Job gemacht und frühzeitig gehandelt.

Wie groß war die reale Gefahr für unsere Demokratie? Diese Frage beschäftigte uns im Innenausschuss und in einer aktuellen Stunde im Bundestag. Natürlich lässt sich mit den 93 sichergestellten Waffen kein Staat stürzen, aber sehr wohl ein blutiger Terroranschlag verüben. Die Aufrührer wären gescheitert, doch es hätte viele Opfer geben können. Noch ist unklar, ob es sich um legale oder illegale Waffen handelt. Die Ermittlungen stehen am Anfang. Deshalb verstehe ich nicht, wieso Innenministerin Faeser reflexartig das Waffenrecht verschärfen will, ohne die Ergebnisse abzuwarten. Sachlich gibt es keinen Grund dafür. Vieles spricht für reine Show und Profilierung für neue Aufgaben: Es stellt sich die Frage, wie sehr Frau Faeser noch bei der Sache ist, wenn ihr Absprung nach Hessen, wo sie als Ministerpräsidentin kandidieren will, offenbar ausgemacht ist.

Am Waffenrecht haben wir in den vergangenen Jahren mehrfach geschraubt. Schon nach geltendem Recht wird jede Behörde anordnen, einem Reichsbürger seine Waffe abzunehmen. Ansetzen müssen wir nicht beim Gesetz, sondern bei der Umsetzung: Auf den Schreibtischen der Behörden, die Waffenbesitzer überprüfen, stapeln sich die Fälle. Wir müssen entlasten und digitalisieren: Eine bessere Vernetzung unter den Behörden trägt mehr zur Sicherheit bei als erneut Gesetze zu verschärfen.

So wehren wir hybride Bedrohungen unserer kritischen Infrastruktur ab

Vor allem müssen wir uns wappnen vor Cyberattacken auf unsere kritische Infrastruktur. Die wird vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auch „offline“ bedroht durch Anschläge auf Gaspipelines und unser Bahnnetz. Am Mittwoch habe ich an einem Fachgespräch unserer Fraktion teilgenommen mit dem TitelEuropäische Krisenresilienz stärken – hybride Bedrohungen abwehren“. Mit dabei waren unter anderem Prof. Haya Shulman vom Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie in Darmstadt und Ralph Tiesler, Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Zugeschaltet war die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas.

Fraktionschef Friedrich Merz stellte fest, dass sich 80 Prozent der kritischen Infrastruktur in privater Hand befinden. Hier stelle ich eine große Verunsicherung fest. Jeder kann von einem Cyberangriff betroffen sein. Doch viele Unternehmer wissen nicht, an wen sie sich wenden können – oder ob sie eine Attacke überhaupt melden sollen. Genau das wäre aber wichtig, um ein vollständiges Lagebild zu bekommen, das die Ampel noch immer nicht vorgelegt hat. Wir müssen deshalb aufklären, sensibilisieren und Vertrauen schaffen. Das Bundesamt für Sicherheitstechnik (BSI) ist die prädestinierte zentrale Anlaufstelle in Fragen der Cybersicherheit. Mich ärgert, dass die Innenministerin diese Behörde durch schwere, aber noch immer nicht belegte Vorwürfe gegen deren Präsidenten beschädigt hat und wir weiter auf einen Nachfolger warten.

Schwere Online-Kriminalität bekämpfen: Ampel lässt Chancen verstreichen 

Eine besonders widerliche Form der Online-Kriminalität ist der Kindesmissbrauch. Die Union hat die Regierung aufgefordert darzulegen, wie sie ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs umzusetzen gedenkt. Der EuGH gibt Ermittlern Instrumente an die Hand, schwere Online-Verbrechen aufzuklären. Telekommunikationsanbieter können verpflichtet werden, Nutzerdaten in solchen Fällen für einen begrenzten Zeitraum zu speichern. IP-Adressen sind oft der einzige Weg zu den Tätern, das haben Praktiker aus Polizei und Staatsanwaltschaft bestätigt. Dabei identifizieren IP-Adressen lediglich ein Gerät, das sich mit dem Internet verbindet, und erlauben beispielsweise nicht, Bewegungsprofile zu erstellen. Eine begrenzte Speicherung steht nicht im Widerspruch zum Datenschutz.

Das Urteil des EuGH eröffnet dazu Spielraum, den die Ampel nicht nutzen will. Sie ist uneins, vor allem die FDP setzt auf das „Quick Freeze“-Verfahren. „Eingefroren“ werden Daten erst im Verdachtsfall – und das ist zu spät. Der Deutsche Richterbund führt der Ampel die logische Tatsache vor Augen, dass nur eingefroren werden kann, was noch da ist. Datenschutz ist wichtig, aber darf nicht zum Täterschutz werden.

50 Jahre im Deutschen Bundestag: Wir gratulieren Wolfgang Schäuble

Einen besonderen Höhepunkt gab es: Das Parlament hat Wolfgang Schäuble gewürdigt, der seit 50 Jahren dem Deutschen Bundestag angehört. Ein großer, Demokrat, ein überzeugter Europäer. Prägnant war seine Rede, so wie immer, gespickt mit Humor und Wärme, aber auch ernst. Auch idealistischer Protest kann, wenn er zu strafbaren Mitteln greift, zu schlimmen Entwicklungen führen, mahnte er. Gut, wenn die Behörden den Anfängen wehren. Und wir müssen verteidigungsfähig bleiben, das haben wir nach Putins Überfall auf die Ukraine lernen müssen. Danke, für diese wieder einmal deutlichen Worte!

Dies sind die letzten BerlInfos 2022. Ihnen und Ihren Lieben wünsche ich ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr. Haben Sie Fragen? Sprechen Sie mich gerne an unter marc.henrichmann@bundestag.de.

Herzliche Grüße aus Berlin

Ihr Marc Henrichmann